24. August 2021

MÜHLVIERTLER PFERDEEISENBAHN.

EINE FANTASTISCHE ZEITREISE IN DAS KAISERREICH ÖSTERREICH.

Komfortabel, praktisch und vor allem schnell? Das war das Reisen zur Biedermeier-Zeit definitiv nicht. Dabei wurde 1832 ein echtes Highlight der Weltgeschichte in Betrieb genommen: die erste österreichische Pferdeeisenbahn. In nur 13 Stunden konnte man nun von Budweis (CZ) nach Linz (AT) reisen, statt mit der Postkutsche mehrere Tage unterwegs zu sein. Wer Lust auf eine Zeitreise hat, kann auch heute noch das Flair der Biedermeier-Zeit genießen – bei einer fantastischen Fahrt mit der Mühlviertler Pferdeeisenbahn.

DIE MÜHLVIERTLER PFERDEEISENBAHN: EINE WAHRE MEISTERLEISTUNG

 Es war eine technische Meisterleistung in einem von Revolutionen und Kriegen erschütterten Europa. Nachdem sich Napoleon kurzerhand selbst zum Kaiser Frankreichs gekrönt hatte, entstand auch unter Franz I. das Österreichische Kaiserreich. Politische Mitsprache von der Bevölkerung war zu dieser Zeit nicht gern gesehen und so zog sich das gut betuchte Bürgertum in das idyllische häusliche Leben und die Natur zurück. Die Biedermeier-Zeit war geboren. Langsam begann die Industrialisierung und Pläne für eine Pferdeeisenbahn wurden immer realer.

WELTWEITE SPITZE

Ab 1825 waren 6.000 Arbeiter sieben bzw. elf Jahre mit dem Bau der Pferdeeisenbahn beschäftigt. 1836 wurden die Bauarbeiten fertiggestellt und ab diesem Zeitpunkt führte die Bahntrasse weiter ins Salzkammergut bis nach Gmunden. Mit 197 Kilometern war sie zu jener Zeit die längste Eisenbahnstrecke der Welt und die erst zweite in ganz Europa. Nur wenige Jahre zuvor war bereits in Frankreich eine Pferdeeisenbahn in Betrieb genommen worden.

DIE TIERISCHEN „MITARBEITER“ DER MÜHLVIERTLER PFERDEEISENBAHN

Rund 6.000 Pferde arbeiteten für die Eisenbahn. Meist zogen kräftige Noriker die schweren Güter- und Personenwagen, wobei immer ein Tier einem Wagen vorgespannt war. Lediglich bei Steigungen bekam es Unterstützung von einem zweiten Pferd. Die Tiere arbeiteten hart und leisteten Unglaubliches: Sie konnten 8,4 Tonnen ziehen und waren das ganze Jahr über im Einsatz. Zum Vergleich: Heute transportiert ein LKW bei einer Fahrt auf Österreichs Straßen rund 10 Tonnen Ladung.

STARKE PFERDE – WEISSES GOLD

Die Pferdeeisenbahn wurde hauptsächlich für den Transport von Salz verwendet. Rund 1.000 Güterwägen waren im Besitz der Eisenbahngesellschaft, die jährlich bis zu 100.000 Tonnen der verschiedensten Güter transportierten. Während heute ein LKW nur rund 1,5 Stunden für die Fahrt von Budweis nach Linz benötigt, war der Güterzug der Pferdeeisenbahn 3,5 Tage unterwegs. Trotzdem waren die Errungenschaften der Pferdeeisenbahn zu jener Zeit eine Sensation.

Mühlviertler Pferdeeisenbahn mit Personen in Tracht

@Verein Freunde der Pferdeeisenbahn

REISEN IN DER BIEDERMEIER-ZEIT

Im Laufe der Zeit wurde auch die Bevölkerung auf die komfortable Bahn aufmerksam. Holprige Straßen und beißender Staub hatten das Reisen in der Postkutsche zur Qual gemacht. Jetzt genossen die Reisenden in der Pferdeeisenbahn bisher ungeahnten Komfort. Ein Fahrgast schilderte dies 1833 so: „Kein Rumpeln, kein Stoßen – man gleitet dahin wie im Himmel!“ Die Personenwägen hatten zwischen acht und 24 Sitzplätze und waren in drei Klassen unterteilt. Früher war ein Reiseticket ein teures Vergnügen und verschlang schon mal den Jahreslohn eines Handwerkers. Das Reisen mit der Pferdeeisenbahn war zwar immer noch alles andere als günstig, aber für die Bürger der Biedermeier-Zeit erschwinglich. Sitzfleisch brauchte man dennoch: Wenn der Kondukteur (Wagenbegleiter) in Linz „Abfahrt – Richtung Budweis!“, rief und in sein Pfeifchen blies, waren die Reisegäste noch 13 Stunden lang unterwegs.

REISEN WIE ANNO DAZUMAL – BEI EINER NOSTALGIEFAHRT MIT DER MÜHLVIERTLER PFERDEEISENBAHN

1872 wurde das letzte Mal ein Noriker vor einen Zug der österreichischen Pferdeeisenbahn gespannt. Nach 40 Jahren Betrieb übernahm die Dampflokomotive den Transport. Wer allerdings noch heute das Flair des Österreichischen Kaiserreichs und der idyllischen Biedermeier-Zeit erleben möchte, kann dies bei einer Fahrt mit der Mühlviertler Pferdeeisenbahn tun. In Kerschbaum, in Rainbach im Mühlkreis, wurde ein halber Kilometer der Bahntrasse originalgetreu nachgebaut und Besucher können in historischen Personenwägen die Bahnfahrt mit einer Pferdestärke erleben. Für alle Interessierten gibt es zudem das Pferdeeisenbahnmuseum, das mit vielen Anekdoten aufwartet.

Salettl der Mühlviertler Pferdeeisenbahn

@Verein Freunde der Pferdeeisenbahn

TIPP: Wandern entlang der historischen Bahntrasse

Die gesamte Strecke der österreichischen Pferdeeisenbahn verfiel nach 1872 in einen Dornröschenschlaf. Trotzdem sind noch viele Teile der Bahntrasse, Viadukte, Brücken und Unterführungen erhalten geblieben. Hier führt auch ein wunderschöner Wanderweg entlang.

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